Absaugung der Kältemittel in Kühlgeräten bei der Oeko-Service Schweiz AG in Rheinfelden
Kühlgeräte

Stolze Performance dreier topmoderner Kühlgeräte-Recyclinganlagen

Was das Recycling eines alten Kühlschranks mit einer Autofahrt nach Singapur und retour gemeinsam hat?

Die Schweiz besitzt mit den technisch hochgerüsteten, 2023 in Betrieb genommenen Recyclinganlagen der Firmen Immark AG und E. Flückiger AG sowie der ebenfalls sehr jungen Anlage der Oeko-Service Schweiz AG den wohl modernsten Anlagenpark Europas. Das Resultat sind rekordhohe Quoten für die Rückgewinnung der klimaschädlichen Kälte- und Treibmittel.

25 000 km mit dem Auto

Wussten Sie, dass sich in einem alten Kühlschrank der höhere Anteil des darin enthaltenen klimaschädlichen Gases nicht im Kompressor, sondern in der Polyurethan(PU)-Schaumisolation befindet? Und wussten Sie, dass durch das State-of-the-art-Recycling dieses einen Kühlschranks der Atmosphäre unglaublich viele CO2-Äquivalente erspart bleiben? Dies entspricht etwa so viel, wie eine Fahrt von Zürich nach Singapur und zurück (rund 25'000 km) mit einem Benzinauto emittieren würde. Das ist kaum vorstellbar – und dennoch eine Tatsache.

Die in Kompressoren und PU-Isolationsschäumen enthaltenen VFC-Kälte- und Treibmittel (volatile fluorinated carbons, fluorierte flüchtige Verbindungen wie [H]FCKW/HFKW) verfügen über ein Treibhauspotenzial, das jenes von CO2 um das 1000- bis mehr als das 10'000-fache übersteigt. Einerseits deshalb und andererseits aus Gründen ihrer ozonschichtschädigenden Wirkung gehören solche Substanzen mittels High-Tech-Anlagen dem Recycling entzogen und unschädlich gemacht. Die Rückgewinnung und anschliessende Hochtemperaturverbrennung der Kälte- und Treibmittel und ihre Verwandlung in weit weniger klimawirksames CO2 sowie in Wasser und Säuren resp. Salze sind ein wichtiger Beitrag zum Umweltschutz.

Abb 1: Die fiktive Autofahrt nach Singapur retour entspricht 25'000 km. Eine entsprechende CO2-Menge wird durch das Recycling eines alten Kühlschranks vermieden. Bildquelle: Google Earth

Brandneuer Anlagenpark

2023 war ein spezielles Jahr: Die zwei neuen Kühlgeräte-Recyclinganlagen der Immark AG in Aarwangen und der E. Flückiger AG in Rothrist wurden von der SENS abgenommen und haben ihre Produktion beständig hochgefahren. Dagegen wurde die Anlage der Immark AG in Schattdorf Ende Februar 2023 stillgelegt. Zusammen mit der ebenfalls hochmodernen Anlage der Oeko-Service Schweiz AG wurden 2023 schweizweit gut 440'000 Geräte oder 22'700 Tonnen mit höchster Verarbeitungsqualität in ihre Wert- und Schadfraktionen zerlegt. Dabei wurden rekordhohe Rückgewinnungsquoten bezüglich der klimaschädlichen Kälte- und Treibmittel erzielt. 

Die folgenden Abbildungen geben einen kleinen Einblick in die Kühlgeräte-Rückproduktion auf den drei industriellen Recyclinganlagen (Abbildungen 2–5).

Abb. 2: Absaugen der Kältemittel bei der Immark AG in Aarwangen (Stufe 1). Bildquelle: Immark AG / Abb. 3: Verarbeitung der Gehäuse in gasdichtem Shredder bei der E. Flückiger AG in Rothrist (Stufe 2). Bildquelle: E. Flückiger AG
Abb. 4: Absaugung der Kältemittel bei der Oeko-Service Schweiz AG in Rheinfelden (Stufe 1). Bildquelle: Oeko-Service Schweiz AG / Abb. 5: Übersicht über sämtliche aus der Stufe-1- und Stufe-2-Verarbeitung resultierenden Fraktionen. Bildquelle: Oeko-Service Schweiz AG

Aufwändige Behandlung nach dem Stand der Technik

Bei Wärmeüberträgergeräten macht das Vorhandensein klimarelevanter Substanzen die Verarbeitung auf einer hochspezialisierten, gasdichten Anlage notwendig. Die Anforderungen haben wir im letzten Fachbericht ausführlich beschrieben; die in naher Zukunft publizierte BAFU-Vollzugshilfe zur VREG gibt den Stand der Technik detailliert wieder. In einem ersten Schritt (Stufe 1) müssen die Kältemittel verlustfrei aus den Kompressoren abgesaugt werden. Nach dem Entfernen der entleerten Kompressoren werden auf Stufe 2 die Gerätegehäuse mit Rotorscheren und nachgelagerten Magnet- und Wirbelstromscheidern in ihre Fraktionen zerlegt. Die PU-Schäume werden einer thermischen Behandlung mittels Pelletierpressen oder anderer Heizelemente unterzogen (Poren- und Matrixentgasung). Diese kontrollierte Ausgasung und Kondensation der Treibmittel erfolgt bei allen drei Schweizer Anlagen über mechanische Kältetechnik. Die Abluftströme der Anlagen werden erst in die Atmosphäre entlassen, wenn sie diverse Filteraggregate durchlaufen haben. Dabei erfolgt eine kontinuierliche Messung der Gas-Restkonzentrationen gemäss den Anforderungen der Luftreinhalteverordnung (LRV). Alle zurückgewonnenen Kälte- und Treibmittel werden in Druckgastanks gesammelt und als Sonderabfälle in Hochtemperaturverbrennungsanlagen vollständig verbrannt.

Noch immer 20 % klimaschädliche VFC-Geräte

Im Jahr 2011 fiel der Anteil der alten, klimaschädlichen VFC-Geräte erstmals unter die 50%-Grenze; seither steigt der Anteil der VHC-Geräte (volatile hydrocarbons, flüchtige Kohlenwasserstoffe wie Isobutan und Cyclopentan) beständig. Eine ursprünglich vermutete rasche Abnahme des Anteils an VFC-Geräten bewahrheitete sich jedoch nicht; stattdessen kann nur eine langsame Reduktion beobachtet werden. Die Abwärtskurve wird sich also noch über einen längeren Zeitraum asymptotisch Null nähern. In der aktuellen Erhebungsperiode zählen noch rund 20 % der Altgeräte zum umweltschädlichen Typ (24 % resp. 19 % in Bezug auf Stufe 1 resp. Stufe 2). Die ammoniakhaltigen Absorbersysteme, wie sie typisch sind für Hotel-Minibars, machen noch knapp 2 % aller Altkühlgeräte aus. Siehe Diagramm 1.

Abnehmende Entsorgungsmengen unabhängig von der gesteigerten Gesamt-Anlagenperformance

Immer höhere Anteile an VHC-Geräten haben aufgrund der sehr viel tieferen VHC-Einfüllmengen in den Kompressoren resp. VHC-Konzentrationen in der PU-Isolation grundsätzlich immer tiefere absolute Massen an zurückgewonnenen Gasgemischen zur Folge. Dieser Trend wird aufgrund der hervorragenden Abtrennleistungen der neuen Recyclinganlagen von über 95 % aktuell verzögert. Die zu entsorgenden Mengen an Kälte- und Treibmittelgemischen werden in Zukunft jedoch selbst mit dem neusten Anlagenpark und bei unverändert hoher Rückgewinnungseffizienz von weit mehr als den geforderten Zielwerten von 90 % stetig abnehmen (siehe Diagramm 2).

Pro Gerät wurden 2023 die folgenden Rückgewinnungsmengen erzielt:

  • Kältemittelgemisch VFC/VHC: 68 g (Vorjahr: 53 g)
  • Treibmittelgemisch VFC/VHC: 51 g/kg PU-Schaum (Vorjahr: 35 g)
  • Kompressoröl: 148 g (Vorjahr: 118 g)